M e i n  n e u e s  B u c h !

Volker Schmidt-GLIAUGIR, Saarbrücken, info@gliaugir.com, 017662530210

Kommentar schreiben

Kommentare: 0

Erinnerungen an die Renaissance
 "Der kann zeichnen!", denkt der Besucher sofort in der aktuellen Ausstellung im Alten Rathaus Saarwellingen. Gliaugir nennt sich der Künstler aus Saarbrücken nach einer Gestalt der germanischen Mythologie: der mit Glanz in den Augen oder der mit dem scharfen Blick. Tatsächlich ist zu erkennen, dass Gliaugir gut beobachtet, den Blick fürs Wesentliche und mehr als Ahnung von Perspektive hat, von der Anatomie und den Proportionen des Menschen. Wie die Künstler der Renaissance. An diese Zeit der Wiedergeburt aus dem humanistischen Geist der Antike erinnert noch mehr bei Gliaugir - die Perspektivenmalerei etwa oder die Vorliebe für rötlich-ockerfarbene Töne. Wie Michelangelo, Raphael und Leonardo da Vinci wagt sich Gliaugir an die großen Vorbilder, sogar die Laokoon-Gruppe. Der Mensch - nach antiker Auffassung bekanntlich das Maß aller Dinge - erscheint da überindividuell schön. Es geht um die allgemeine Schönheit alles Menschlichen, der Menschheit sozusagen. Diese droht in Vergessenheit zu geraten, wenn der Zweck die Mittel heiligt. Dann bleibt das Heilige im Menschen auf der Strecke. Selbst Gott wird fragwürdig. "Es stellt sich die Frage, ist Gott nur eine Laune der Natur", hat Gliaugir in ein Bild geschrieben. Und er zeigt: Nicht zwischenmenschlich warm und sympathisch, sondern kühl und sachlich geht es zu in unserer modernen oder postmodernen Welt. Gliaugir lässt Menschen in einer Art Bilderbögen vor den Kulissen von zweckmäßigen, streng konstruierten Stadtlandschaften auftreten. Wie Schatten ihrer selbst. Doch gerade in den Szenen des unpersönlich Städtischen der "Urbania"-Bilder tritt die Schönheit menschlicher Bewegungen hervor. Bei aller Skepsis gegenüber der Anonymität der Städte herrscht nicht bittere Resignation, sondern das ist eine zarte, reflektierte, keine plakativ-missionarische Art, an weltbürgerliche Gesinnung und Menschenfreundlichkeit zu erinnern. So darf man Gliaugir als einen zeitgenössischen, postmodernen Renaissance-Künstler betrachten. Er verzichtet auf einheitsstiftende Botschaften, lässt den Betrachter sich selbst einen Reim auf die Verhältnisse machen und die Skizzen ergänzen. Und Gliaugir, 1996 Preisträger des saarländischen Multimedia-Preises, zeigt ein Video in der Ausstellung, das seine Arbeit beleuchtet. Das ist neu fürs Alte Rathaus, das mit Gliaugir einen Großen zu Gast hat, der international ausstellt und einen Namen als Kurator und Jurymitglied hat, wie der sehr gut informierte Laudator Klaus Kell zur Ausstellungseröffnung mitteilte.
Gerhard Alt